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In meinem ersten Blog-Artikel schrieb ich über die ungebrochen aktuelle Relevanz von Feedback und sein Potenzial als Katalysator für Entwicklungsprozesse von Einzelnen, Teams und Organisationen. Viele Feedback-Regeln sind bekannt, die Feedforward-Methode jedoch ist noch nicht so stark verbreitet. Daher möchte ich dem Feedforward diesen Blog-Artikel widmen.

Wenn Feedback nur zurückblickt

Im Feedbackgespräch geben wir meist Rückmeldungen zu bereits Vergangenem Geschehen. Dieses ist nicht mehr zu ändern und wenn wir im Gespräch nur zurückblicken und den Fokus in der Vergangenheit halten, kann das sehr frustrierend sein. Ausschließlich um vergangenes, nicht mehr zu änderndes Verhalten zu kreisen, und dabei vielleicht auch noch Recht haben wollen, warum die eigene Sichtweise die richtige ist, ist zermürbend und lähmend – für beide Gesprächspartner.

Von der Problem- zur Lösungsorientierung

Das Erfrischende an der Feedforward-Methode ist der lösungsorientierte Blick nach vorn. Beim gemeinsamen Überlegen, wie es beim nächsten Mal besser laufen könnte, bin ich automatisch positiv und wechsele von einer Problem- zur Lösungsorientierung. Natürlich nehme ich ein vergangenes Verhalten als Ausgangspunkt für das Feedbackgespräch. Doch durch einen raschen Wechsel des Fokus auf Zukünftiges wird das Gespräch automatisch freudvoller.

Feedforward setzt positive Energie frei

Beim Blick nach vorn, bei der Suche nach Lösungen, öffnet sich ein Möglichkeitsraum und es wird Energie frei. Es gibt kein Rechthaben, denn ob eine zukünftige Lösung die richtige ist, können wir heute nicht wissen. Ersetzen Sie die Frage „Was ist schiefgelaufen?“ durch die Frage „Wie könnten wir es beim nächsten Mal anders machen?“ so kommen Sie von einem potenziell kränkenden Bewerten des Vergangenen in eine gemeinsame Lösungssuche für die Zukunft und ziehen an einem Strang – sei es mit Kolleg:innen oder Mitarbeiter:innen.

Möchten Sie mehr über die Feedfoward-Methode lesen, empfehle ich Ihnen den Original-Artikel von Marshall Goldsmith. Er listet ausführlich 10 gute Gründe für Feedforward auf. Ebenfalls finden Sie zu Beginn des Textes eine einfache Übung, um Feedforward auszuprobieren.

Die Feedforward-Methode ist fester Bestandteil meiner Feedback-Trainings.

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Manche Bücher liest man und denkt sich „Yes, das mein‘ ich doch die ganze Zeit. Unterschreib‘ ich alles sofort. Genau das braucht es.“ „New Work needs Inner Work“ von Joana Breidenbach und Bettina Rollow war solch ein Buch. Mit großer Begeisterung habe ich es verschlungen und seitdem schon oft empfohlen.

Handbuch auf dem Weg zur Selbstorganisation

„New Work needs Inner Work“ versteht sich als ein praxisorientiertes Handbuch für Unternehmen auf dem Weg zur Selbstorganisation. Nach Auffassung der Autorinnen scheitern viele Unternehmen am Weg zu New Work, da sie sich auf die äußere, sichtbare Dimension des Wandels konzentrieren, wie Strukturen und Prozesse. Um Selbstorganisation erfolgreich einzuführen, muss auch eine innere Transformation stattfinden. Wenn äußere Strukturen und Prozesse reduziert werden, benötigen Teammitglieder mehr Struktur und Klarheit in ihrem Inneren.

Wichtige Kompetenzen für ein neues Arbeiten

Unter „inneren Strukturen“ verstehen die Autorinnen Kompetenzen wie höhere gedankliche und emotionale Klarheit, präziseres Wahrnehmungsvermögen und bessere Selbstkenntnis. Ein klassisch hierarchisches System kann reibungslos funktionieren, ohne dass Mitarbeiter ihr Innenleben in die Arbeit einbeziehen. In einer kompetenzbasierten Hierarchie, auf die Selbstorganisation bauen sollte, ist es umgekehrt. Daher sind Empathie, Reflexionsfähigkeit, Fähigkeit zur transparenten Kommunikation sowie Konfliktfähigkeit notwendige Kompetenzen, um in einer komplexen und flexiblen Außenwelt produktiv und sicher arbeiten zu können. „New Work needs Inner Work“ fokussiert auf diese „innere Innovation“ von Teams und beschreibt, wie Mitarbeiter und ganze Teams reifen und miteinander wachsen können.


Beliebte Missverständnisse

„New Work needs Inner Work“ greift auch beliebte Missverständnisse rund um das Thema Selbstorganisation auf. Hier seien sie als ein erster Denkanstoß in aller Kürze aufgelistet:

  1. Selbstorganisation führt man ein, indem man die Organisationsstrukturen völlig umkrempelt. (Nein, Selbstorganisation ist primär ein Kultur- und kein Strukturmodell.)
  2. Alle Menschen wollen mehr Freiheit und weniger Struktur. (Nein, für viele Menschen bedeuten neue Freiheiten Unsicherheit und Stress.)
  3. Selbstorganisation bedeutet, dass jeder alles mitentscheidet. (Nein, Selbstorganisation ist kompetenzbasiert und sollte nicht mit Basisdemokratie oder Konsens verwechselt werden.)
  4. Hierarchien und Vorgesetzte sind schlecht. (Nein, Hierarchien und Vorgesetzte haben eine berechtigte Funktion und sind weder schlecht noch gut per se.)
  5. Selbstorganisation, einmal eingeführt, läuft von selbst. (Nein, es bedarf eines kontinuierlichen Entwicklungs- und Reflexionsprozesses.)
  6. Selbstorganisation ist effizienter, weil sie schlanker ist. (Nein, es bedarf zunächst des Aufbaus notwendiger Kompetenzen.)

Selbstorganisation sollte wohlüberlegt sein

Trotz aller Kürze dieses Beitrags wird deutlich, dass Selbstorganisation kein Spaziergang ist, sondern kontinuierlich Arbeit macht – an sich selbst, im Team, in der gesamten Organisation. Die Entscheidung zu einer Veränderung der Organisationsform sollte gut durchdacht, bei den Überlegungen sollten „innere Strukturen“ und Kompetenzen aller Mitarbeiter:innen unbedingt bedacht werden.

„New Work needs Inner Work“ leitet Schritt für Schritt durch diese Überlegungen, zeigt mögliche Schritte einer Organisationsentwicklung auf und geht ausführlich auf die persönlichen Kompetenzen ein, die Mitarbeiter:innen benötigen, um in einer von Selbstorganisation geprägten Organisation gut arbeiten zu können.

Klare Leseempfehlung!

Joana Breidenbach, Bettina Rollow:
New Work needs Inner Work
Verlag Vahlen, 2019
152 Seiten
ISBN: 978-3-8006-6137-4

Buchcover_new-work-needs-inner-work
Das Buch und ihre Autorinnen:
Joana Breidenbach (links) und
Bettina Rollow (rechts)
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„Wirklich? Du willst was zum Thema ‚Feedback‘ schreiben? Haben das nicht alle schon zig Mal gehört: dass Feedback wichtig ist und wie man es gibt?“

„Ja, hat jeder schon zig Mal gehört. Und doch, ich mein das ernst: Im Feedbackgeben steckt noch ganz viel Potenzial.“

Sind wir mal ehrlich: Wie ehrlich sind wir?

Wenn wir uns über jemanden ärgern oder unzufrieden sind – wie oft sprechen wir das offen und ohne Umschweife an? Oft sind wir zu Dritten transparenter als zum Betroffenen selbst. In der Theorie wissen wir, wie wichtig Rückmeldungen sind und kennen sämtliche Feedback-Regeln. In der Praxis jedoch ist es herausfordernd: Wir wollen unser Gegenüber nicht verletzen, die Beziehung nicht belasten, kein Unrecht tun oder nehmen uns einfach nicht die Zeit dazu.

Im Feedback steckt noch ganz viel Potenzial

Ich behaupte daher, es liegt noch ganz viel Potenzial in konstruktiv und wohlwollend gegebenem Feedback. Beziehungen können gestärkt, Leistungen verbessert und Lernchancen ermöglicht werden. Wenig überraschend: Unangenehmes anzusprechen ist unangenehm. Und dennoch birgt konstruktives Feedback so viele Chancen auf gemeinsame Weiterentwicklung und Verbesserung. Denken wir an NewWork, ist Feedback nicht nur nice-to-have, sondern unabdingbar.

Kein NewWork ohne eine gute Feedback-Kultur

Während wir in hierarchischen Strukturen Unstimmigkeiten nach Oben eskalieren können, sind wir in der Selbstorganisation darauf angewiesen, untereinander eine gute Gesprächs- und Feedback-Kultur zu leben. Joana Breidenbach und Bettina Rollow drücken es in ihrem Buch „New Work needs Inner Work“ schön aus: „Transparente Kommunikation in einem sicheren und vertrauensvollen Umfeld ist das A und O der Selbstorganisation: Um agil Entscheidungen zu treffen, Fehler zuzulassen und gemeinsam zu lernen, müssen Teams in der Lage sein, einen kontinuierlichen co-kreativen Dialog zu führen.“

Feedback setzt mehr voraus als Regel-Kenntnis

Mit der Kenntnis von Feedback-Regeln, wie man sie in vielen Seminaren lernt, ist es hier nicht getan. Feedback gut geben zu können, setzt nicht nur gute Kommunikationsfähigkeiten, sondern auch viele innere Qualitäten voraus: Ich muss zunächst mit mir selbst gut in Kontakt sein (Selbstreflexion!), um auch den anderen gut spüren zu können (Empathie!). Dann braucht es Bereitschaft, in einen Dialog zu treten, der auch kritisch verlaufen kann (Konfliktfähigkeit!). Wenn alle Beteiligten auch noch Lernbereitschaft mitbringen, kann Feedback ein ungemeiner Katalysator für die Entwicklung von Einzelnen, Teams und ganzen Organisationen sein.

Da ich fest an das Potenzial eines guten Dialoges glaube, sind Feedback-Trainings eine wahre Freude für mich. Das Bewusstmachen des Potenzials, das in gelebtem Feedback steckt, ist fester Bestandteil meiner Trainings. Lies hier mehr über mein Angebot.